Hertha Feilers Leben

03. August 1916 - 01. November 1970

 

Hertha Feiler wurde am 3. August 1916 als Tochter des Oberbaurats Josef Anton Feiler und seiner Ehefrau Margarethe geb. Schwarz in Wien geboren. Schon in früher Jugend – im zarten Alter von acht Jahren – kam sie mit dem Theater in Berührung. 

 

Ihre Mutter, die perfekt Französisch sprach, wollte Hertha diese Sprache ebenfalls näher bringen. In Wien wohnte damals eine Pariser Lehrerin, zu der viele Eltern ihre heranwachsenden kleinen Mädchen und Jungen in den Unterricht schickten. Die Lehrerin veranstaltete regelmäßig Theaterabende - in französischer Sprache! - bei denen nur Kinder auftraten. 

 

"Als die Talentvollste ragte nun aus dieser fröhlichen Spielschar ein brauner Lockenkopf hervor, die schlanke Hertha Feiler, ein süßes Persönchen von bestrickender Grazie. Sie erhielt stets die Hauptrollen." (Zitat aus K. Brinker: "Er und Sie") Und lernte auf diese Weise fließend Französisch.

 

Demgegenüber war die junge Wienerin im Unterricht erstaunlich gehemmt: "Ja, es war mir unmöglich, vor der Klasse auch bloß frei zu sprechen. Nächtelang vorher schlief ich nicht, wenn mich das Schicksal - oder vielmehr der Lehrer - dazu bestimmt hatte, etwas aufzusagen, so gehemmt war ich, und zwar immer stärker, je älter ich wurde."






Die einjährige Hertha mit ihrer Mutter Margarethe

Paradoxerweise spielte Hertha Feiler dann bei Schülerkonzerten bereits als Dreizehnjährige eine hervorragende Rolle. Sie war eine sehr begabte Pianistin, das einzige Kind in der Meisterklasse des Konservatoriums. Eine Karriere am Klavier scheiterte aber zu ihrer großen Enttäuschung an einer Sehnenscheidenentzündung.

 

In der Schule brauchte Hertha Feiler sich nicht anzustrengen. Sie lernte selten zu Hause; alles flog ihr in den Unterrichtsstunden zu. Mühelos bestand sie das Abitur. Anschließend schrieb sie sich an der Universität ein, besuchte aber keine einzige Vorlesung. Stattdessen bewarb sie sich am Wiener Scala-Seminar, der bekannten Ausbildungsstätte für Bühnendarsteller. Die Hauptfächer, in denen sie dort unterrichtet wurde, waren u.a. Sprechtechnik, Literatur- und Kunstgeschichte, Philosophie, Englisch, Französisch, Gesang, Fechten, Tanz, Akrobatik und vieles mehr. 

 

Ihre erste Rolle an der Scala spielte sie dann 1937 als Marikke in Sudermanns "Johannisfeuer", was ihr erstmals eine begeisterte Presse einbrachte, u.a. in der "Illustrierten Kronenzeitung" und im Wiener "Der Tag". Von der Bühne weg erhielt sie einen Vertrag, der für eine Anfängerin mit einer Mindestgage von 265 Schilling im Monat schon sehr hoch dotiert war. Die anschließende Abschlussprüfung an der Scala war nur noch eine Formsache. Danach gab es eine bunte Auswahl von Rollen, in denen die elegante Wienerin auftreten durfte.

 

In diese Zeit fielen auch ihre ersten filmischen Gehversuche. Heinz Rühmann, der sie an der Scala gesehen hatte, empfahl der attraktiven Zwanzigjährigen, sich an die "Mondial Internationale Filmindustrie AG" zu wenden, wo sie prompt neben Wolf Albach-Retty und Traudl Stark eine Hauptrolle in "Liebling der Matrosen" erhält - ein Film, den sie wie auch den Nachfolger "Adresse unbekannt" selbst später als "schwache, unbedeutende Rollen" charakterisiert hat. Doch bereits in "Liebling der Matrosen" ist die Ausstrahlung und Natürlichkeit zu spüren, die sie rasch zu einem Publikumsliebling machten.

"Liebling der Matrosen", mit Wolf Albach-Retty

 

Hertha Feiler fand die Filmerei zunächst aber "grässlich" und kehrte Wien vorläufig den Rücken. Heinz Rühmann, der damals für seinen Film "Nanu, Sie kennen Korff noch nicht?" eine begabte Nachwuchsschauspielerin suchte, erhielt nur einige nicht überzeugende Fotos und entschied sich für Senta Foltin anstelle von Hertha Feiler. Die Wienerin schluckte ihre Enttäuschung, fuhr nach Berlin und schaffte es, dass UFA und Terra Film von ihr Probeaufnahmen machten. Wenige Wochen später war sie für Rühmanns ersten Film als Regisseur "Lauter Lügen" (1938) als Hauptdarstellerin verpflichtet.

 

"Hertha Feiler ist eine auffallende Schönheit. Sie ist wundervoll gewachsen und hat ein zartes, sehr lebendiges Gesicht mit dunklen, strahlenden Augen. Sie ist im besten Wortsinne mondän und wirkt doch mädchenhaft frisch. Sie hat einen sportlich und tänzerisch durchgebildeten Körper. Aber man spürt zugleich, dass sie nicht bloß tanzen und Sport treiben kann, sondern dass sie ein Mensch ist, der denkt und mit Energie arbeitet." (Zitat aus K. Brinker: "Er und Sie")

Also auf eine gute Zusammenarbeit!" Das waren die ersten Worte, die der Regisseur Rühmann bei der Begrüßung an Hertha Feiler richtete. Der Film wurde für die junge Schauspielerin der Durchbruch.  "Das Filmen unter Rühmanns Regie hat mir große Freude bereitet,"äußerte sich Hertha Feiler. "Er hat eine sehr klare, prägnante Art, sich verständlich zu machen. Ich wusste immer gleich, was er wollte [..]" O-Ton Heinz Rühmann: "Sie gefiel mir. Auch für die Rolle."


Mit Ehemann Heinz Rühmann und Sohn Peter

 

In der Folge drehte sie weitere Filme für die Terra und verlor Heinz Rühmann auf Grund dieser anderweitigen Verpflichtungen zunächst aus den Augen. Aber nachdem sie sich bei einer privaten Einladung wieder getroffen hatten, lernten sie sich besser kennen und feierten - für die Öffentlichkeit recht überraschend - kaum ein Jahr nach der ersten Begegnung am 1. Juli 1939 in Berlin-Wannsee Hochzeit. Am 7. Juni 1942 wurde Sohn Heinzpeter, genannt Peter, geboren. 


Hertha Feiler führte mit dem Ufa-Star Rühmann eine medienwirksame Ideal-Ehe. Die beiden galten als Musterpaar, obwohl Hertha Feiler jüdische Vorfahren hatte und als sogenannte "Vierteljüdin" im Nazi-Reich nur mit einer Sondergenehmigung arbeiten durfte. Dass sie unter diesen Umständen überhaupt arbeiten konnte, verdankte sie ironischerweise dem Wohlwollen des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels, der offenbar ebenfalls ein Auge auf Rühmanns attraktive Ehefrau geworfen hatte und die Nachforschungen der "Reichsstelle für Sippenforschung" einstellen ließ. Um dieser Abhängigkeit vom guten Willen eines verbrecherischen Systems zu entkommen, planten Hertha Feiler und ihr Ehemann mehrmals die Auswanderung, zunächst nach Österreich, später waren u.a. Dänemark und Schweden im Gespräch. Nachdem alle Fluchtpläne gescheitert waren, trat Hertha Feiler zusammen mit ihrem Mann bis Kriegsende in erfolgreichen Filmen auf: So als "Nettchen" in "Kleider machen Leute" (1940) und unter der Regie Theo Lingens in "Hauptsache glücklich" (1941).

 

Aber auch mit anderen Stars jener Tage stand sie in Hauptrollen vor der Kamera, so mit Attila Hörbiger in "Frau im Strom" (1939), mit Joachim Gottschalk und Ernst von Klipstein in "Flucht ins Dunkel" (1939), mit Ewald Balser in "Rembrandt" (1942), mit Willy Fritsch in "Der Kleine Grenzverkehr" (1943) oder mit Hans Söhnker in "Der Engel mit dem Saitenspiel" (1944); Filme, die  in ihrer Unbeschwertheit nicht erkennen ließen, dass sie in der Endphase des Krieges entstanden, als bereits die deutschen Städte im Bombenhagel untergingen.






Die begeisterte Schwimmerin am Wannsee

In ihrem Holzhaus am Wannsee lebte das Ehepaar Rühmann mit einer Vielzahl von Tieren zusammen, darunter zwei Hunden (Peter, ein Rauhhaardackel, der bereits im "Korff" aufgetreten war und ein Malteser, der auf den Namen "Tütchen" - angeblich eine Koseform von "Winnetou" hörte), ein halb zahmes Reh namens Ricke sowie zwei Schweine und einige Hühner.

 

Hertha Feiler war sehr sportlich. Sie ritt wie eine Amazone, schwamm wie eine Nixe. Ein besonderes Vergnügen für sie war auch das Wellenreiten auf dem Wannsee.

 

In den meisten Fällen hatten Heinz und Hertha die gleichen Ansichten – nur nicht über die zweite große Leidenschaft von Heinz Rühmann, das Fliegen. "Einmal und nicht wieder!" war ihr Kommentar nach ihrem ersten gemeinsamen Flug.

 

Bei Kriegsende teilte die Familie Rühmann dann das Schicksal unzähliger Familien in Deutschland und den anderen vom Krieg heimgesuchten Ländern: Ihr Haus am Wannsee wurde - nachdem es von übereifrigen Wehrmachtssoldaten zur "Hauptkampflinie" erklärt worden war - durch den Angriff russischer Stalin-Orgeln völlig zerstört. Nach einem Bericht der Wiener Zeitung wurde Hertha Feiler im Anschluss daran mehrfach durch russische Soldaten vergewaltigt.

  

Nach Kriegsende unternahm Hertha Feiler mit Heinz Rühmann ausgedehnte Theatertourneen und beteiligte sich an Rühmanns - leider nur kurzlebiger - Produktionsfirma "Comedia". Die Misserfolge der von der Comedia hergestellten Filme "Die kupferne Hochzeit", "Heimliches Rendezvous" und "Ich mach dich glücklich" führten nicht nur zu schlaflosen Nächten für das Ehepaar Rühmann/Feiler, sondern auch zu einem Schuldenberg und letztlich zum Konkurs der Gesellschaft. Danach stagnierte auch Hertha Feilers Karriere. Sie trat in dieser Zeit vermehrt am Theater auf und nahm praktisch jede Rolle an, um sich und ihre Familie über Wasser zu halten. Dabei konzentrierte sie sich auf die leichte Muse, bis sie ab Mitte der Jahre wieder Filmrollen erhielt, in denen sie schöne, vornehme Damen verkörperte wie die Carlotta Ramirez in der unvergesslichen Komödie "Charleys Tante" (1955, s.u.).

 

Sie agierte an der Seite ihres Mannes überwiegend in kassenträchtigen Unterhaltungsfilmen, so in "Sag' die Wahrheit" (1945, unvollendet),  "Quax in Afrika" (1945/1953), "Charleys Tante" (1955) und "Mein Schulfreund" (1960). Zu ihren Partner im Nachkriegsfilm zählten die Publikumslieblinge jener Zeit, an der Seite Peter Pasettis spielte sie in "Die Kupferne Hochzeit" (1948), mit Rudolf Prack in "Heimliches Rendezvous" (1949), mit Paul Klinger in "Pünktchen und Anton" (1953), mit Willy Fritsch und Magda Schneider in "Wenn der weiße Flieder wieder blüht" (1953).

 

Unter der Regie Wolfgang Liebeneiners war sie 1954 "Die Schöne Müllerin", in Hubert Marischkas "Lass die Sonne wieder scheinen" sah man sie 1955 an der Seite von Cornelia Froboess und Hans Holt sowie im gleichen Jahr mit Maria Andergast in "Wenn die Alpenrosen blüh'n". Mit Johannes Heesters als Partner wirbelte sie in "Opernball" (1956) über die Leinwand, war Willy Birgels Partnerin in "Johannisnacht" (1956), mimte die Helga Wagner neben Gerhard Riedmann in "Solange noch die Rosen blüh'n" (1956) und war erneut mit Riedmann in "Die Heilige und ihr Narr" (1957) zu sehen.  

Aus "Die Ente klingelt um 1/2 Acht" 


Mit Adrian Hoven spielte sie in dem Willi Forst-Film "Wien, du Stadt meiner Träume" (1957), mit O. E. Hasse in Wolfgang Staudtes "Der Maulkorb" (1958) und mit Hans Söhnker in der Komödie "Die Singenden Engel von Tirol" (1958). Die letzte Arbeit mit Rühmann in Rolf Thieles "Die Ente klingelt um halb acht" (1968) war zugleich auch ihr letzter Leinwandauftritt. 


Nach diesem letzten (33.) Film lebte Hertha Feiler wegen ihres schweren Krebsleidens zurückgezogen an der Seite von Rühmann in München. Trotz einer Operation erlag sie dort in der Klinik in München-Harlaching am 1. November 1970 im Alter von nur 54 Jahren ihrer Krankheit. Hertha Feiler wurde auf dem Friedhof Grünwald bei München beerdigt.

 

Hertha Feiler hatte im Film als pragmatischer Frauentyp begonnen, der gleichzeitig unbekümmert und souverän sein konnte, lustig wie listig, überlegen aber mit harmonischem Charme. Die zierliche Wienerin mit dem kirschförmigen Gesicht war "die inkarnierte Opposition gegen den obrigkeitlich verordneten Typ", so einmal der Kritiker Karl Schumann, überaus apart, aber nicht dämonisch, offensiv, aber nicht von der frisch-fröhlichen Aufdringlichkeit deutscher Mädels in Heimatfilmen; ihre späteren Frauenfiguren waren geistvoll, warmherzig und lebensklug.

 

Zitat Heinz Rühmann in seinen Lebenserinnerungen:

"Ich habe nur schöne Erinnerungen an sie. Zehn Jahre ist es nun schon her, dass sie mich verließ, nach über dreißig Jahren gemeinsamen Lebens. Wir bleiben miteinander verbunden – auch in meinem neuen Leben."


 


Textauszüge aus:


Käthe Brinker: "Er und Sie"

Adolf Heinzelmeier/Berndt Schulz: "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars"

Franz Josef Görtz/Hans Sarkowicz: "Heinz Rühmann 1902-1994"

Horst O. Hermanni: "Das Film-ABC"

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